Samstag, 18. Dezember 2010

Eine schöne Bescherung

Vom Versuch, ein iPhone zu kaufen, oder wie mich die Telekom zum Buddhisten machte.

Eigentlich war Timo an allem schuld. Der Freund aus Studienzeiten zeigte, dass sich ein iPhone auch ohne arroganten Gesichtsausdruck bedienen ließe. Tja, und da bald Weihnachten wäre und man sich auf Dauer der Schafherde in einem sowieso nicht entziehen könne, beschloss ich: Auch ich werde iPhonist. Aber stattdessen … nun der Reihe nach.
Mein Vertrauen auf das stabile Netz der Telekom führte mich zum alten Monopolisten. Doch das Datum meiner Bestellung verhieß anscheinend nichts Gutes: Es war der 13. November. Denn nachdem ich alles brav per Internet ausgefüllt hatte, tat sich erst einmal – genau – nichts. Außer meine Bestellung zu bestätigen, schwieg der Magenta-Riese. Meine Versuche, den Auftrag im Internet unter Lieferstatus zu finden, waren erfolglos. Nun, dachte ich mir, es ist Wochenende, vielleicht arbeiten dann die Telekom-Computer nicht. Doch auch am Montag signalisierte mir das System, mein Auftrag sei unbekannt. Als dann der Dienstag immer noch keine Änderung brachte, rief ich die kostenpflichtige Hotline an, um der Telekom zu ermöglichen, mit mir 24 Monate lang Geld zu verdienen. Eine wirklich sehr freundliche Mitarbeiterin fand die Bestellung und meinte, es gäbe Probleme mit meiner Lieferadresse. Schließlich, nach Rückversicherung mit ihrer Abteilung, konnte sie den Computer überzeugen, diese zu akzeptieren. Ich sollte noch am Nachmittag eine Auftragsbestätigung erhalten. Der Computer aber hatte anscheinend die Mitarbeiterin gemein getäuscht, denn es passierte – genau – nichts. Einfach nichts.
Und so lernte ich Geduld. Es war der 23. November.
In der Zwischenzeit bekam ich von der Telekom einen personalisierten Werbe-Newsletter, in dem man mich fragte, ob ich nicht gern ein iPhone bestellen möchte. Tja, wenn es denn dann ginge?
So beschloss ich, der Presseabteilung zu schreiben, um zu fragen, wofür das Unternehmen eine Bearbeitungsgebühr von 24,95 Euro verlange, wenn keiner bearbeitet und ich meinerseits die Telekom bearbeiten müsse.
Und es passierte – genau – nichts. Da lernte ich Gelassenheit.
Ich wandte mich erneut an die Presseabteilung und schrieb:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
meine lustige Geschichte mit der Telekom geht anscheinend weiter. Denn auch die Presseabteilung ist nicht in der Lage, mir eine kurze Antwort zu senden. Doch wie sagte schon Watzlawik: Man kann nicht nicht kommunizieren. Sicher, Sie werden größere, interessantere und vor allem wichtigere Dinge zu tun haben, aber für einen Vierzeiler müsste doch die Zeit eines Praktikanten reichen, oder? Ich schenke Ihnen den sogar, den Vierzeiler, nicht den Praktikanten, und schreibe mir Ihre Antwort selbst:
Sehr geehrter Herr Glawatsch,
wir bedauern, dass es bei Ihrem Auftrag anscheinend Probleme gegeben hat. Um Ihnen genaue Informationen zukommen zu lassen, haben wir den Vorfall der Fachabteilung gemeldet, die sich mit Ihnen in Verbindung setzen wird. Wir würden uns freuen, wenn wir Sie als Kunde gewinnen könnten. Mit freundlichen Grüßen
Ron Sommer.
Telekom“

Gut, den ehemaligen Chef zum Praktikanten zu machen, ist vielleicht ein etwas spezieller Humor. Aber anscheinend verfehlte er seine Wirkung nicht, denn es passierte – etwas. In einer Mail der Serviceabteilung, nur zwei Tage später, wurde der Auftrag endlich bestätigt und mir angeboten, auf die Bearbeitungsgebühr zu verzichten.
Und da lernte ich unaufgeregte Vorfreude – ganz im Hier und Jetzt.
Doch am Montag, den 29. November, bekam ich folgende Mail: „Sie haben ein iPhone 4 16 GB schwarz bestellt. Es tut uns leid, gerade dieses Modell ist momentan wegen der hohen Nachfrage bis auf Weiteres nicht lieferbar.“ Ich solle mich gedulden.
Ich zügelte also meine Vorfreude, übte mich also in Geduld und wartete gelassen – auch wenn das Unternehmen auf seiner Internetseite weiterhin fröhlich die sofortige Verfügbarkeit behauptete. Es verrannen die Tage und es passierte – genau – nichts.
Am 6. Dezember bekam ich durchs Internet aber Wind von einer ganz ungeheuren Aktion: Die Telekom würde am 8. Dezember 50 Prozent Rabatt auf das 32 GB iPhone gewähren, das nun auch noch wirklich sofort lieferbar wäre. Das bedeutete, dass ich 50 Euro weniger bezahlen müsste als für das bestellte iPhone. 50 Euro weniger für ein Gerät, das eigentlich teurer wäre und das ich auch noch sofort bekäme. Ich rief also die kostenpflichtige Hotline an und fragte, was ich dafür tun müsste. Der wirklich wieder sehr freundliche Callcenter-Agent meinte, da könne man nur den momentanen Auftrag stornieren und am 8. neu bestellen.
Und also stornierte er und ich lernte, loszulassen.
Der 8. dämmerte und ich setzte mich an den Computer. Es war sechs Uhr früh und die Internetseite nicht zu erreichen – auf Grund des hohen Andrangs, wie die Telekom mit ihrer vorbereiteten Alternativseite versicherte. Nur kaum zwei Stunden später war es aber anscheinend vorbei, mit dem Andrang, und mir dadurch möglich, tatsächlich die Bestellung abzusenden. Und welche Freude: Mein Auftrag war im Lauf des Nachmittags sogar im Computer-System der Telekom verzeichnet. Was sollte jetzt noch schief gehen?
Ich freute mich, wartete täglich auf die Versandbestätigung, da flog zwei Tage später folgendes Schreiben der Telekom in meinen Briefkasten, unterschrieben von Ralf Hoßbach, Leiter Kundenservice:
„Sehr geehrter Herr Glawatsch,
… gern würden wir Ihren Wunschtarif aktivieren – dies ist uns im Moment leider nicht möglich. Unsere Entscheidung beruht auf unternehmerischen Vorgaben und stellt keine Einschätzung ihrer persönlichen Bonität dar. Die Telekom behält sich vor, diese Vorgaben im Unternehmen zu belassen. Zusätzlich befragen wir die persönliche Bonität bei Wirtschaftsauskunfteien. … (Wir werden) Ihnen … umfassend Auskunft geben, sobald eine solche Anfrage zu einer Ablehnung des Vertrages führt. Derzeit ist dies bei Ihnen nicht der Fall.“
Meine Bonität stimmte also. Trotzdem lehnte das Unternehmen den Auftrag für ein 175 Euro teures 32 GB iPhone ab, während es den fürs 225 Euro teure iPhone mit 16 GB akzeptiert hatte.
Und da lernte ich, zu entsagen.

Und plötzlich wurde mir klar: All das, was war, hatte einem viel größeren Ziel gedient. Es war gar nicht das iPhone – nein. Es ging um eine neue Seinsstufe, um Erleuchtung. Duldsam sein, fröhlich entsagen, das Leben zelebrieren – oh ja, ganz ohne iPhone.

Und so erleuchtet rufe ich daher Euch nun zu: Vergesst Eure Yoga-Kurse, was müht Ihr Euch mit Qigong, spart Euch die Esoterik-Literatur. Bestellt einfach bei der Telekom ein iPhone und Ihr werdet in christlicher Vorweihnachtszeit ganz still zu dem, was Ihr als westliche Langnasen so mühsam erreichen wollt. In knapp vier Wochen. Gut, die kostenpflichtigen Hotlines sind teuer, aber sie sind ihr Geld wert. Und bedenkt, was Ihr für Eure asiatischen Kurse sonst ausgeben würdet. Und wie lange sie dauern würden. Ich werde jedenfalls auf meinem buddhistischen Weg der telekommunikativen Erleuchtung weiterziehen – und die anderen Anbieter ausprobieren. Mögen sie mich ebenfalls so erfolgreich voranbringen. Und bis dahin summe ich ab nun gelöst und innerlich ganz frei: ...OM … telekOM – telekOM – telekOM ...


© Boris Alexander Glawatsch M.A.